INNERE UNRUHE VERSTEHEN UND LINDERN: EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE

DAS PHÄNOMEN DER INNEREN UNRUHE

Innere Unruhe beschreibt einen Zustand anhaltender Anspannung und Nervosität, bei dem Betroffene es schwer haben sich zu erholen. Man fühlt sich, als stünde man ständig unter Strom. Die Gedanken kreisen unaufhörlich und es fällt schwer sich auf eine Sache zu konzentrieren. Innere Unruhe kann grundsätzlich jeden betreffen, unabhängig von Alter oder Geschlecht. Menschen in stressigen Lebensabschnitten – sei es beruflich oder privat – erleben häufig diese belastende Anspannung. Auch Personen mit gesundheitlichen Beschwerden, wie einer Schilddrüsenüberfunktion, oder psychischen Erkrankungen, wie Depressionen, sind anfälliger. Innere Unruhe kann dabei temporär auftreten, zum Beispiel in stressigen Lebensphasen oder aber auch chronisch werden, wenn die Ursachen nicht gezielt behandelt werden.
Gut zu wissen:
Eine Studie der Harvard Medical School fand heraus, dass anhaltende innere Unruhe und chronischer Stress das Risiko für ernsthafte Gesundheitsprobleme wie Herzkrankheiten, Schlaganfälle und Diabetes erhöhen. Chronische Anspannung erhöht auch das Risiko für Depressionen, Angststörungen und andere psychische Erkrankungen.

SYMPTOME – VIELFÄLTIGE ZEICHEN VON KÖRPER UND GEIST

Die Anzeichen innerer Unruhe können subtil beginnen und sich auf verschiedene Weise äussern, oft ohne, dass Betroffene diese sofort als Symptome erkennen.

Körperliche Symptome:

  • Herzklopfen oder Herzrasen: Ein beschleunigter Herzschlag, oft auch ohne ersichtlichen Grund, ist ein häufiges Symptom.
  • Muskelverspannungen: Vor allem im Nacken-, Schulter- und Rückenbereich können Verspannungen auftreten, die oft schmerzhaft sind.
  • Schweissausbrüche und Zittern: Körperliche Unruhe äussert sich oft durch das unkontrollierte Zittern oder durch plötzliches Schwitzen.
  • Atembeschwerden: Viele Betroffene empfinden eine Art Engegefühl in der Brust oder haben Schwierigkeiten tief durchzuatmen.

Psychische Symptome:

  • Rasende Gedanken: Ein ständig kreisender Gedankenstrom erschwert es klare Entscheidungen zu treffen und Ruhe zu finden.
  • Konzentrationsprobleme: Häufig fällt es schwer sich auf Aufgaben zu fokussieren, da die Gedanken immer wieder abschweifen.
  • Schlafprobleme: Einschlaf- und Durchschlafstörungen sind häufige Begleiter innerer Unruhe und verstärken das Gefühl der Erschöpfung.
  • Gereiztheit und Stimmungsschwankungen: Oft reagieren Betroffene überempfindlich auf kleine Störungen oder erleben häufig wechselnde Emotionen.
  • Überforderung und Angstgefühle: Auch alltägliche Aufgaben können plötzlich überwältigend wirken und das Gefühl der Unsicherheit steigern.
  • Ungeduld: Ein Gefühl der Rastlosigkeit führt häufig dazu, dass Betroffene Schwierigkeiten haben still zu sitzen oder sich zu entspannen.

Diese Symptome können sich wechselseitig verstärken. Ein Bewusstsein für diese Anzeichen kann der erste Schritt sein, um zur Ruhe zurückzufinden.

INNERE UNRUHE VERSTEHEN: WAS SIND DIE HÄUFIGSTEN URSACHEN?

Unruhe kann vielfältige Ursachen haben, die oft komplex miteinander verwoben sind. Häufige Auslöser sind Stress und Überforderung im Alltag, die das innere Gleichgewicht stören und ein anhaltendes Gefühl der Anspannung hervorrufen. Auch ungelöste Konflikte, belastende Erlebnisse oder traumatische Erfahrungen können tiefer liegende Anspannung auslösen, da der Körper und die Psyche in einem Zustand der Alarmbereitschaft verweilen. Neben psychischen Faktoren spielen aber auch körperliche Ursachen eine Rolle: Ein unausgeglichener Hormonhaushalt, insbesondere Schwankungen der Schilddrüsenhormone oder Veränderungen im Zyklus, können ebenfalls begünstigend sein. Nicht zuletzt tragen Lebensgewohnheiten wie übermässiger Konsum von Koffein, Alkohol oder Nikotin sowie Schlafmangel dazu bei, dass das innere Gleichgewicht aus der Balance gerät. Wer die Ursachen der eigenen inneren Nervosität besser versteht, kann gezielter an Lösungen arbeiten, um langfristig zu mehr Ruhe und Gelassenheit zu finden.

PRAKTISCHE TIPPS GEGEN INNERE UNRUHE

Innere Unruhe kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen und zu ständigen Gedankenkarussellen führen. Umso wichtiger ist es zu wissen, wie man diesem Zustand entgegenwirken kann. Glücklicherweise gibt es eine Vielzahl von Ansätzen, die helfen können Anspannung zu lindern und wieder zu mehr Gelassenheit zu finden. Es folgen einige bewährte Methoden:

  1. Achtsamkeit und Meditation: Achtsamkeitstechniken sind eine der effektivsten Methoden, um die kreisenden Gedanken zu beruhigen und die Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt zu lenken. Meditation hilft den Geist zu entspannen und Stress abzubauen. Schon wenige Minuten täglich können eine spürbare Verbesserung bringen.
  2. Atemübungen: Atemtechniken, wie die Bauchatmung oder die 4-7-8-Technik (4 Sekunden lang einatmen, 7 Sekunden den Atem anhalten und anschliessend 8 Sekunden ausatmen), können helfen das Nervensystem zu beruhigen. Indem Sie bewusst tief und langsam atmen, signalisieren Sie Ihrem Körper, dass es Zeit ist sich zu entspannen.
  3. Bewegung und Sport: Körperliche Aktivität setzt Endorphine frei, die das allgemeine Wohlbefinden steigern und Stress abbauen. Besonders beruhigend wirken Aktivitäten wie Yoga, Tai Chi oder Spaziergänge in der Natur. Diese fördern nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern helfen auch den Kopf freizubekommen.
  4. Entspannungstechniken: Progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder autogenes Training sind bewährte Entspannungsverfahren, die den Körper systematisch in einen Zustand der Ruhe versetzen. Sie unterstützen dabei körperliche Belastungen zu lindern und den Geist zur Ruhe zu bringen.
  5. Gesunde Ernährung: Auch eine ausgewogene Ernährung kann sich positiv auf die innere Ruhe auswirken. Zu viel Zucker, Koffein oder schwere Mahlzeiten können den Körper unnötig in Aufruhr versetzen. Stattdessen sollten Sie auf leichte, nährstoffreiche Kost setzen, die den Energiehaushalt stabilisiert.
  6. Soziale Unterstützung: Das Gespräch mit Freunden oder Familienmitgliedern kann Wunder bewirken. Oft hilft es schon die eigenen Sorgen auszusprechen und Verständnis zu erfahren. Manchmal ist es auch hilfreich sich professionelle Unterstützung von einem Therapeuten oder Coach zu holen, um die zugrunde liegenden Ursachen der Unruhe zu erkennen und gezielt anzugehen.
  7. Schlafhygiene: Schlafmangel verstärkt innere Nervosität und macht es schwerer einen klaren Kopf zu bewahren. Eine regelmässige Schlafroutine, ein kühles, ruhiges Schlafzimmer und das Vermeiden von Bildschirmen vor dem Schlafengehen fördern einen erholsamen Schlaf.
  8. Zeit für sich selbst: Um Anspannung langfristig zu reduzieren, ist es wichtig regelmässig Zeit für sich selbst einzuplanen. Schalten Sie ab und tun Sie Dinge, die Ihnen Freude bereiten, sei es Lesen, Musikhören oder ein kreatives Hobby. Diese Momente der Selbstfürsorge tragen massgeblich zu Ihrem inneren Frieden bei.

Es gibt also viele Wege, um der inneren Unruhe entgegenzuwirken. Der Schlüssel ist, die für sich passende Methode zu finden und regelmässig in den Alltag zu integrieren. Mit Geduld und Übung können Sie so nach und nach mehr Ruhe und Ausgeglichenheit in Ihr Leben bringen.

Quellenangaben
  • Habermann-Horstmeier, L. (2017). Risikofaktor „Stress“. Hogrefe, Göttingen.
  • Heinrichs, M., Stächele, T. & Domes, G. (2015). Stress und Stressbewältigung. Hogrefe, Göttingen.
  • Kaluza, G. (2023). Stressbewältigung. Springer, Berlin.

Kategorien: Clinicum Alpinum

Dr. med. Dr. phil. Pavel Ptyushkin
Co-Chefarzt und Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. med. Dr. phil. Pavel Ptyushkin
Das CLINICUM ALPINUM ist spezialisiert auf die Behandlung von Depressionen und affektiven Erkrankungen. Mit unserem Blog möchten wir über psychische Erkrankungen aufklären, über die Klinik und die Therapien informieren und einen Beitrag zur Entstigmatisierung leisten.

Diesen Beitrag teilen